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  • AutorenbildMarkus Aspetzberger

Unconscious Bias: Unsere Entscheidungen in 180 Farben

Unconscious Bias? Da mag jetzt die Eine oder der Andere denken: Meine Güte, was ist das denn schon wieder. Gibt’s dafür keinen deutschen Begriff? Und wie spricht man das überhaupt aus? Gute Fragen, ehrlich.


Grafik von arbeitenden und denkenden Menschen

Zum Thema Aussprache verlinke ich einfach mal auf das beste Übersetzungsangebot, das ich im Netz so kenne. So spricht man Unconscious Bias laut deepl aus – und es liefert auch gleich die wunderbare Übersetzung „unbewusste Voreingenommenheit“. Damit hätten wir das geklärt. Bleibt „nur“ noch die Frage: Was ist das – und warum sollte uns das interessieren?


Unconscious Bias sind automatische, schnelle und oft unbewusste Bewertungen und Einschätzungen, die wir über Menschen oder Gruppen basierend auf individuellen Erfahrungen und Stereotypen treffen. Diese Bias beeinflussen unsere Wahrnehmung und Entscheidungsprozesse, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.


Und nur um Missverständnissen vorzubeugen: Bias sind nicht per se schlecht oder negativ. In einer enorm komplexen Welt helfen sie uns zu überlegen, zu agieren, zu reagieren. Hätten wir diese Schubladen nicht, müssten jeden Reiz, den wir wahrnehmen, bewusst und aktiv einordnen, werten und gewichten, wir würden vermutlich morgens nicht mal aus dem Bett kommen.


Ob das übertrieben ist? Noch eine gute Frage. Ich möchte an dieser Stelle eine Gegenfrage stellen: Wie warm ist Deine linke Hand gerade? Diese Frage ist vermutlich einfach zu beantworten. Aber war Dir das klar, bevor Du die Frage gelesen hast? Der Zustand hat sich seither wohl nicht verändert, wahrgenommen hast Du ihn aber nicht. Wozu auch?


Die Herkunft des Begriffs

Der Begriff "Unconscious Bias" stammt aus der Psychologie und bezieht sich auf jene impliziten Vorurteile, die unser Denken und Handeln prägen, ohne dass wir sie bewusst steuern können. Es wird geschätzt, dass es mindestens 180 verschiedene Arten von Unconscious Bias gibt, die unsere Interaktionen und Entscheidungen im Alltag beeinflussen.


Hier eine „kleine“ Grafik zur Veranschaulichung.


Grafik die 180 Unconscios Bias zeigt


Und damit es noch deutlicher wird, hier ein paar konkrete Beispiele:


Beispiel 1 - Der "Halo-Effekt"

Stell Dir vor, Du triffst eine Person, die einem gängigen Schönheitsideal entspricht. Unbewusst könntest Du dazu neigen, anzunehmen, dass diese Person auch in anderen Bereichen kompetent und erfolgreich ist, einfach aufgrund ihres Aussehens. Wie schön für die andere Person. Wie aber verhält es sich im gegenteiligen Fall?


Beispiel 2 - Der "Conformity Bias"

In einer Gruppendiskussion tendiert die Mehrheit zu Meinung A. Du hast nur eine leichte Tendenz zu Meinung B. Aber wenn die Mehrheit zu A neigt, wird das doch einen Grund haben. Und so könntest Du dazu neigen, Deine eigene Meinung zurückzuhalten, Dich der Mehrheit der Anwesenden anzuschließen. Dieser Bias verstärkt den Druck, sich der Gruppe anzupassen, selbst wenn Deine eigene Sichtweise anders ist. Oder geht es vielleicht anderen in der Gruppe genauso und Du bist eigentlich Teil der Mehrheit?


Beispiel 3 - Der "Stereotype Threat"

Stell Dir vor, Du identifizierst Dich als Teil einer Minderheit in Deinem Arbeitsumfeld – Du hast einen anderen kulturellen Hintergrund, Du bist schwul, Du hast keinen Studienabschluss, Du lebst in einer offenen Beziehung, Du hast eine Lernschwäche, … Allein die Angst davor, den vielleicht damit verbundenen negativen Stereotypen zu entsprechen, kann Deine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und Dich in Deiner beruflichen Entwicklung behindern. Oder fänden die Kolleg*innen das eigentlich vielmehr spannend als negativ?


Beispiel 4 - Der "Affinity Bias"

Wenn Du jemanden triffst, der aus derselben Herkunft wie Du stammt, könntest Du dazu neigen, ihm automatisch mehr Vertrauen entgegenzubringen und bessere persönliche Beziehungen aufzubauen, auch ohne weitere Informationen über diese Person zu haben. Schließlich gibt es eine natürliche Verbundenheit durch Eure Herkunft. Oder wärt Ihr Euch dort, wo Ihr herkommt, vielleicht sogar sehr fremd?


Beispiel 5 - Der "Gender Bias"

In einem Auswahlprozess könntest Du als Mann unbewusst dazu neigen, Männern bestimmte Führungsqualitäten zuzuschreiben, während Du Frauen eher als unterstützend und emotional wahrnimmst, auch wenn das nicht den individuellen Fähigkeiten entspricht. Oder wäre vielleicht die Kandidatin die viel stärkere Führungskraft und der Kandidat besser in der Rolle des Teamassistenten?


Fazit - Erkenne Deine Unconscious Bias und arbeite bewusst mit ihnen

Das sind nur 5 der erwähnten rund 180 Unconscious Bias, die uns alle durch unser Leben begleiten. Loswerden können wir sie nicht: sie sitzen tief, sie sind auch notwendig für unseren Alltag.


Wir können uns aber mit ihnen auseinandersetzen, auf eine Erkundungsreise gehen und untersuchen, an welchen Stellen sie hilfreich, an welchen sie eher hemmend sind oder unsere Entscheidungen negativ beeinflussen.


Ein Thema, das oft hinter den offensichtlichen Themen in einem Coaching steht. Deswegen ist Coaching oft ein guter Rahmen, in dem wir uns bewusst machen können, wie unsere Denkmuster und Entscheidungen von Unconscious Bias beeinflusst werden. Ein Thema, das gerade im Zusammenhang mit Diversity, Equity und Inclusion häufig auftaucht, das uns hilft aktiv daran zu arbeiten, inklusive und vielfältige Umgebungen zu schaffen, in denen jede Person gesehen, gehört und geschätzt wird. Gleichwohl: Die Erkundung von Unconscious Bias kann uns dabei helfen, unsere Entscheidungen besser zu verstehen und schlussendlich bessere Entscheidungen zu treffen.


Wenn Du dazu Fragen hast oder Lust verspürst, Dich auf eine Erkundung Deiner eigenen Unconscious Bias zu begeben, stehe ich Dir als Systemischer Coach gerne auf dieser Entdeckungsreise zur Seite.

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