Lehren und Lernen: Meine Erfahrung als Dozent im ersten Semester
- Markus Aspetzberger
- 24. Juli
- 3 Min. Lesezeit

In den vergangenen Monaten hatte ich die Gelegenheit (und wirklich große Freude), eine Gruppe von Studierenden in ihrem ersten Semester des dualen Studiengangs „Soziale Arbeit und Coaching“ an der iba – University of Cooperative Education zu begleiten – in einer kompakten Lehrreihe zum Thema Methoden des (systemischen) Coachings.
Was auf dem Papier in der Modulbeschreibung zunächst wie eine klassische Einführung in Tools und Techniken wirkte, entwickelte sich schnell zu einem lebendigen, dialogischen Prozess. Es ging nicht nur um Methodenkoffer und Theorie – sondern um Haltung, Beziehung, Resonanz und die Frage, wie wir als angehende Coaches oder Sozialarbeiter*innen Menschen mit Coaching tatsächlich begleiten können.
Was wir gemacht haben
Im Mittelpunkt standen klassische und systemische Methoden wie:
Der Meta Mirror um schwierige Situationen zu reflektieren
Das Innere Team für mehr Klarhheit und Stringenz
Die Timeline als Methode für die Zielerreichung
Und nicht zuletzt: viele dialogische Formate, Impulse, Mini-Coachings und Transferaufgaben
Dazu kamen Inputs zu Coachingverständnis, Gesprächsführung, ethischen Fragen und zur Unterscheidung von Beratung, Coaching und Therapie. Auch wenn sich im Lauf des Semesters vieles noch verändert, den Menschen und Umständen angepasst hat, war mir von Anfang eines klar: Es gilt, Praxis und Reflexion zu verbinden. Also nicht nur „über Methoden zu reden“, sondern sie zu erleben, zu üben, zu hinterfragen und in die eigene Haltung einzuweben.
Was ich erlebt habe
Was mich beeindruckt hat, waren vor allem die Menschen: die Offenheit und Neugier der Gruppe, die Lust Dinge auszuprobieren, das Ausmaß der Reflexion. Viele Studierende brachten eigene Erfahrungen mit – als Peers, als Ehrenamtliche, als Menschen mit sehr unterschiedlichen Lebenswegen. Daraus entstanden Gespräche, die weit über die Methode hinausgingen.
Gleichzeitig war spürbar, wie wichtig Orientierung und Halt am Anfang eines Studiums sind: Was ist Coaching überhaupt? Wo sind Grenzen? Darf ich das schon machen? Bin ich dafür bereit? Und während ich als Coach meine Klient*innen seit Jahren durch den Prozess und die Methoden leite, ist das mit Studierenden noch einmal etwas anderes. Einerseits, weil sie die Methoden ja selbst anwenden sollen, andererseits, weil sie sie auch verstehen wollen.
Und gerade deshalb war es mir wichtig, Sicherheit zu geben, ohne zu viel vorzugeben. Ich habe gelernt: Studierende zu begleiten heißt für mich Raum halten, strukturieren, ermutigen – und auch mal irritieren, wenn es der Entwicklung dient.
Was ich außerdem gelernt habe
Lehren ist für mich auch Lernen. Ich habe in dieser Zeit viel über didaktische Balance nachgedacht:
Wie viel Input ist nötig – und wann wird er zur Belastung? Wie kann ich Studierende aktivieren, ohne sie zu überfordern? Und wie bringe ich wissenschaftliche Fundierung und persönliche Erfahrungsräume so zusammen, dass daraus echte Erkenntnis entstehen kann?
Hier das richtige Maß zu finden, wieviel Theorie, wieviel wissenschaftliche Einordnung, wieviel Hintergrund ist nötig, wie detailliert muss die Anleitung sein und wie frei soll die Umsetzung dann doch von statten gehen – das war für mich eine der größten Herausforderungen und wahrscheinlich das größte Learning.
Und schließlich: Ich nehme Dinge nicht mehr persönlich. Das habe ich wohl über die Jahre gelernt – und es funktioniert. Wenn Menschen andere Prioritäten als den Unterricht setzen, haben sie ihre Gründe dafür. Wenn jemand nach einem Semester feststellt, dass Coaching nichts für ihn oder sie ist – freue ich mich über die Erkenntnis. Und wenn Menschen Methoden seltsam finden, die ich gerne mag zeigt das: Coaching ist eben kein Prozess nach Schema F, sondern muss zu den Menschen passen.
Fazit
Diese Dozententätigkeit hat mich bereichert – fachlich, menschlich und auch ganz persönlich. Sie hat mich daran erinnert, warum ich diesen Beruf liebe: Weil er Räume schafft, in denen Menschen sich zeigen, entwickeln und wirksam werden können.
Ich durfte großartige Menschen ein Stück des Weges in ihrem Lernen, Wachsen und Neugierig-Sein begleiten – und das fühlt sich richtig gut für mich.
Und sie hat mir einmal mehr gezeigt: Gute Lehre ist wie gutes Coaching – viel mehr Beziehungsarbeit als einfach nur Input.