Alle sprechen über Erfolg, wenige darüber, was das bedeutet
- Markus Aspetzberger

- 5. Nov.
- 2 Min. Lesezeit

„Ich will erfolgreich sein.“ Diesen Satz höre ich im Coaching oft. Und fast immer stelle ich dieselbe Frage zurück: Was heißt Erfolg genau für dich?
Oft wird es dann still. Weil Erfolg ein Wort ist, das wir alle kennen, aber selten wirklich definieren. Wir haben gelernt, ihn an Karrieren, Einkommen, Titeln oder Anerkennung zu messen. Doch wenn wir ehrlich sind: Erfolg fühlt sich für jede Person anders an.
Wenn Erfolg nicht (mehr) das ist, was er einmal war
Manchmal sitzt mir ein Berater aus einem großen Unternehmen gegenüber, der bereits fast alles erreicht hat, was er sich vorgenommen hatte – und trotzdem ist da das Gefühl, eigentlich etwas verloren zu haben.
Oder ein Journalist Anfang 60, der merkt, dass Erfolg für ihn heute nicht mehr Reichweite bedeutet, sondern Relevanz.
Oder eine Schauspielerin, die sich die Frage stellt, ob Erfolg mit Bühne zu tun hat, oder was „gesehen werden“ eigentlich für sie als Mensch wirklich heißt.
Oder ein queerer Filmemacher, der überlegt, ob sein größter Erfolg wirklich die Festivalteilnahme war, oder ob es nicht doch die Freiheit ist, weiter seine eigenen Geschichten zu erzählen.
Mein Eindruck ist, dass sie alles etwas verbindet: Das Gefühl, dass die alte Idee von Erfolg sie nicht mehr trägt.
Erfolg beginnt mit einer ehrlichen Frage
Als Coach begegnen mir zwar häufig philosophische Fragen, aber ich bin im Job kein Philosoph. Deswegen schlage ich meinen Klient*innen bei der Frage nach Erfolg lieber vor herauszuarbeiten, was sich für sie stimmig anfühlt – und warum.
Und überraschenderweise ist Erfolg dann manchmal, weniger zu tun. Manchmal ist es der Mut, etwas Neues zu wagen. Manchmal ist es auch die Entscheidung, etwas anzunehmen, statt zu verändern. Und ganz ehrlich: manchmal ist der Erfolg auch, Erfolge überhaupt wahrzunehmen und gebührend zu schätzen.
Auf dem Weg darin geht es oft darum, Raum zu schaffen. Dabei begegnen uns Fragen wie:
Wann fühlt sich Erfolg für mich echt an?
Wann glaube ich erfolgreich zu sein zu müssen, um Erwartungen zu erfüllen?
Wessen Erwartungen erfüllte ich mit meinem Erfolg?
Welche Werte stecken hinter meinem Wunsch, erfolgreich zu sein?
Was wäre, wenn Erfolg nicht Leistung, sondern Wirkung hieße?
Die Antworten darauf sind meist nicht einfach zu finden, oft nicht leicht anzunehmen. Oft bringen sie aber überraschende Entlastung.
Erfolg und Coaching – mehr als Zielerreichung
Wenn ich als systemischer Coaching auf Erfolg schaue, verbinde ich damit deshalb auch mehr einen Prozess als ein Ergebnis.
Erfolg entsteht dort, wo Sinn, Wirksamkeit und Selbststimmigkeit zusammenkommen. Und Erfolg muss dabei nicht unbedingt mit dem Beruf verbunden sein, er kann sich auch aus Beziehungen, aus persönlicher Entwicklung oder Erleben speisen. Und auch wenn Erfolg für Status oder das Erfüllen von Erwartungen steht ist es gut, sich dessen bewusst zu sein.
Denn Erfolg soll auch einen Beitrag zu Zufriedenheit leisten. Und das kann er am besten, wenn wir das eigene Warum kennen.
Fazit
Erfolg ist nicht unbedingt Wettbewerb – aber er darf es sein.
Erfolg fühlt sich am meisten nach Erfolg an, wenn Tun und Sein zusammenpassen.
Und das wissen wir erst, wenn wir unsere eigenen Werte und Maßstäbe kennen, um sie anzulegen.


